Der Main als Bundeswasserstraße hat 34 Staustufen zwischen Bamberg und Mündung. Die Staustufen im unteren Bereich haben alle, neben den großen Schleusenkammern für die Berufsschifffahrt, eine Sportbootschleuse, von denen fast alle eine Nutzbreite von 3,50 m haben. Die CLARA hat gemäß Ausweis eine Breite von 3,20 m. Wenn man jetzt noch Fender auf beiden Seiten dazurechnet, wird es knapp. Kann das gehen? Da hilft nur ausprobieren.
An Fronleichnam finden sich Ottmar, Markus und Ralf im Yachtclub Darmstadt ein, um mit der CLARA auf Forschungsfahrt zu gehen. Wir besprechen unser Vorhaben, überprüfen unsere Ausrüstung, vor allem die Rettungswesten - beim Schleusen ist das Tragen von Rettungswesten dringenst empfohlen, nur leider halten sich viele nicht daran - und dann geht es los.
Unser erstes Ziel ist die Tankstelle in Oppenheim. Markus steht am Ruder. Noch im Altrheinarm üben wir mit Ottmar ein paar Standardmanöver wie wenden auf dem Teller und kursgerecht aufstoppen. Von da an wechseln wir drei uns immer wieder am Ruder ab. Dann geht es in den (Neu)Rhein. Das Garmin Funkgerät hat jetzt eine GPS-Antenne und ist so eingestellt, dass es uns die Geschwindigkeit über Grund anzeigt. Flussabwärts fahren wir bei 3000 Upm 11 Knoten.
In Oppenheim wird getankt - mit drei Mann ist das ganz easy - und dann geht es weiter flussabwärts zur Mainmündung. Wir sind jetzt etwas flotter unterwegs und erreichen 17 Knoten bei 4000 Upm. Wir sehen wenig Berufsschifffahrt, aber für einen Feiertag auch wenig Segler. Das kommt vielleicht daher, dass bei bedecktem Himmel das Wetter nicht ganz so einladend ist.
Wir fahren in den Main. Der Unterschied zum Rhein ist immens. Die Ufer sind näher und grüner, das Wasser ruhiger und wenig Verkehr, wenigstens an Fronleichnam. Irgendwie angenehmer.
Bis zur Schleuse Kostheim sind es nur drei Kilometer. Wir halten auf das rechte Ufer zu, denn da liegt die Sportbootschleuse. Aber an der Spitze der Schleuseninsel sehen wir schon das Schild, das besagt, dass die Sportbootschleuse geschlossen ist. Unsere Premiere sieht also anders aus, als geplant. Wir müssen in die große Schleuse!
Wir fahren hinüber zum linken Ufer (das gemäß der Fließrichtung des Mains rechter Hand liegt) und sehen eine Reihe Frachtschiffe, die im Vorhafen Unterwasser festgemacht haben. Die Annahme, dass sie da auf Schleusung warten, erweist sich kurz darauf als falsch. Auch Berufsschiffer scheinen an Feiertagen nicht zu arbeiten.
Es geht los. Das Funkgerät auf Kanal 20 eingestellt, kurz hineingelauscht ob es Funkverkehr gibt und dann den Knopf am Mikrofon gedrückt. "Kostheim Schleuse, hier ist Sportboot CLARA, bitte kommen". Der Schleusenmeister meldet sich und wir erklären unser Anliegen mit Schiffsname und Größenangabe der CLARA. Prompt kommt die Anweisung, in die Steuerbordkammer einzufahren, sobald andere Schiffe aus der Kammer ausgefahren sind. Wir sind vorbereitet, Rettungswesten sind angelegt, Leinen liegen bereit, die Fender sind quer gehängt und warten den Gegenverkehr ab, die Ampel springt auf grün und wir fahren in die Kammer ein bis fast zum Ende, machen dort an den Pollern auf Slip fest, das heißt halten ein Ende der Leine in unseren behandschuhten Händen. Hinter uns schließt sich das Schleusentor, d.h. wir werden alleine geschleust!
Alles geht gut, das vordere Schleusentor öffnet sich und die Ampel springt auf Grün. Wir fahren aus und legen am Ende der Spundwand im Oberwasser an, um erstmal Mittagspause zu machen.
Unser Ziel, eine Sportbootschleuse mit 3,50 m Nutzbreite auszuprobieren haben wir noch nicht erreicht. Also weiter flussaufwärts nach Eddersheim. Die Sportbootschleuse in Eddersheim ist in Betrieb und wir fahren dicht unter dem rechten Ufer langsam auf die Sportbootschleuse zu. Das finden die Angler am Ufer gar nicht lustig, dass wir so dicht am Ufer entlang fahren, aber unterhalb des Wehrs befinden sich normalerweise große Steine, die ein Auswaschen des Flussbetts verhindern sollen. Und da wollen wir nicht drüberfahren.
Die Sportbootschleuse ist offen und Ottmar und Markus hängen auf beiden Seiten die Fender quer aus. Ralf manövriert die CLARA schön langsam in gerader Linie auf die Schleuse zu. Der Abstand zu Fischtreppe und Ufer ist beängstigend gering. Die uns zugewandte Einfassung der Schleusenkammer scheint nochmal ein Stück enger zu sein als die Schleusenkammer selbst. Und richtig - die CLARA ist gerade mal mit dem Bug in der Schleuse - da melden Ottmar und Markus, jeder auf seiner Seite, nichts geht mehr. Unser Experiment ist an dieser Stelle beendet, die CLARA passt nicht in eine Sportbootschleuse mit 3,50 m Nutzbreite.
Um eine Erfahrung reicher wenden wir die CLARA ganz vorsichtig und fahren zur Schleuse Kostheim zurück. Wir melden uns wieder an, müssen noch ein bisschen am Haltepunkt warten - andere Sportboote melden sich noch an, sind aber noch nicht in Sicht - und dann kommt die Aufforderung "an alle Sportboote" einzufahren. Wir tun das und wieder schließt sich hinter uns das Schleusentor, wieder werden wir alleine geschleust.
Während wir aus der Schleuse ausfahren, beginnt es zu regnen. Keine Minute zu früh. Unsere Rückfahrt auf Main und Rhein absolvieren wir im Regen, aber bei Einfahrt in den Erfelder Altrhein bessert sich das Wetter. An der Nordspitze ankern Kirsten und Frank mit der KARLA und wir plaudern ein bisschen, aber dann geht es endgültig zurück zu unserem Liegeplatz im Yachtclub Darmstadt. Die tiefstehende Sonne nach dem Regen taucht den Altrheinarm in kräftige Farben.
Es ist windstill und so geht das Anlegen problemlos vor sich. Unser "Männerausflug" hat allen Spaß gemacht und wir beenden einen schönen und ereignisreichen Tag.
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